Andrzej D¹brówka

Quando sagittari sagittaverunt papegay...

Der Medienstreit im mittelniederländischen Theaterbetrieb.


Das früheste explizite Zeugnis über den niederländischen Theaterbetrieb stammte lange von Jodocus Badius Ascensius [Joost van Assche de Bruine(1)]. In der ersten Auflage seiner Edition der Komödien von Terenz, Lyon 1493, gibt es Illustrationen zu den einzelnen Szenen dessen Stücke(2), sowie eine Gesamtdarstellung des Theaters, die manchmal für das damalige niederländische Theaterinterieur gehalten wird(3).

In seinem Vorwort zur zweiten Auflage seiner Terenz-Edition, Paris 1504, sprach Badius u.a. über "diejenigen, die gegen Bezahlung in Sälen Historien von Königen und Fürsten spielen, wie es nun überall zu sehen ist in Flandern und den umgebenden Gegenden."(4) Den Dukumenten der Rederijkersvereinigungen, die selbstverständlich allerlei Informationen über die damalige Spielpraxis enthalten, verdanken wir eine Bestätigung des Berichts von Badius hinsichtlich der berufsmäßigen Aufführungen in Sälen. In einer Einladung zur Teilnahme an den Theaterfestspielen in Antwerpen im Jahre 1496 findet sich unter den Wettbewerbsvorschriften ein Absatz, wo professionellen Spielern, die in Sälen Historien oder heraldische Geschichten wie auch esbattementen entgeltlich gespielt haben, verboten wird, sich um die Preise zu bewerben. Die Passage aus der "Caerte 1496" ist 1984 von Hummelen nach deren Veröffentlichung von Van Autenboer 1978 mit dem Bericht von Badius in Zusammenhang gebracht worden. Die unser Thema betreffenden Ausdrücke werden in dem untenstehenden Zitat kursiv gesetzt:

Wir sehen also, daß die camerspelders anläßllich der vorigen Spiele von 1478 aufgefordert worden waren, auf die Professionalisierung zu verzichten. In der Caerte findet sich sonst Wichtiges über das Repertoire, den Spielplatz sowie über die Spielgruppierungen als Organisationen zur Übertragung von Kulturwerten, d.h. eine Art Medien. Deshalb scheint es lohnenswert, den dort zum Ausdruck kommenden Willen, die camerspelders zu diskriminieren, aus dem dynamischen Zusammenhang dieser Aspekte zu erklären, den man teils bildhaft, teils hypothetischerweise als Medienstreit bezeichnen könnte.


§ 1. Typen von Spielen

Die Caerte 1496 teilt das Repertoire der camerspelders in zwei Gruppen ein: historische (heraldische) Chronikstücke und die sogenannten esbattementen, was meistens als Farcen zu verstehen ist. Das Besondere an diesen Gattungsangaben erfahren wir aus dem Vergleich mit zeitgenössischen Dokumenten der Rederijker aus Berg op Zoom (West-Flandern), in deren Statuten von 1476 grote spelen den batementen gegenübergestellt werden, indem die ersteren op stellagien en toonen aufgeführt werden sollten, die letzteren dagegen op een wagen (Hermans 326). Grote spelen kann Vieles bedeuten und eine solche Zweiteilung schließt wahrscheinlich nichts aus, sie ist wegen der Differenzierung des Spielortes interessant. Inzwischen darf die Gesellschaft Fonteine von Gent 1476 esbatemens, misteres et histoires spielen (Erné 1931:224). Sind es nicht gerade diese misteres, die von den camerspelders nicht gespielt worden sind, was so auffallend war? Wenn wir die damalige Gattungsterminologie(5) beiseite lassen, weil ihr Gebrauch so überraschend sein kann - so spielten die Schüler zu Herzogenbusch noch 1586 eine comedie van de passie (Hermans 162) - und nicht entscheiden, ob Verdam richtig camerspel mit esbatement gleichsetzt, dem Gebrauch der Diester Rederijker folgend, dann bleibt eine modellartige Unterscheidung von Texttypen, die zwar uneinheitlich genannt, aber auseinandergehalten worden sind. Die Unterscheidung geistlich-weltlich liegt dem Zensuredikt von 1559 zugrunde, wo im voraus spelen van zinnen oft moraliteit ofte andere dingen die ghespeelt worden ter eere Gods approbiert werden, wogegen es verboten wird, eenige camerspelen, baladen, liedekens, commedien, batementen, refreinen zu veröffentlichen, zu singen oder zu spielen, falls sie die Geistlichkeit oder die Religion betreffen und zwar int openbaer, in gezelschap oft int heymelyc (DHondt 53). 1560 wurde von Philipp II. das Aufführen von Spelen van zinnen oft moraliteyten, camerspelen, Batementen, Rondeelkens, Refreynen, Baladen enz. verboten unter derselben Voraussetzung (Belgisch Museum V:111). Die drei Typen der theatralischen Veröffentlichung: öffentlich, für eine Gesellschaft und heimlich - machen auf eine nicht unwichtige Ursache der in der Caerte 1496 beabsichtigten Diskriminierung der camerspelders aufmerksam: sie konnten im halböffentlichen oder gar privaten Verkehr arbeiten (vgl. bei Plantijn 1573 camerspel = histrionia privata, ludicrum privatum). Die Abnahme weltlicher Belege in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (D¹brówka 1990) könnte dann ein impliziter Beweis ihrer "beunruhigenden" Zunahme im (halb)privaten Umlauf sein.

Die Unterscheidung geistlich-weltlich kommt auch in der Tradition der Abendvorstellungen zum Ausdruck. 1433 wurde in Damme am Abend desselben Tages, wo ein biblisches Stück aufgeführt worden war, für den Bürgermeister een goed abatement gespielt (Vander Straeten I:30). In der ganzen Reihe von Belegen(6) wird nicht immer ausdrücklich der Typ angegeben, aber die Abendvorstellung wird im allgemeinen einen weltlichen Charakter gehabt haben: 1498 Breda - den speelluden die opten bezworen Maendach opter stadhuys ende des avonts int Wynhuys voir myn Juffrouw van Baden gespeelt hadden 6 st. (Hermans 199).

Es ist nicht undenkbar, daß die mehr kameralen oder kabarettartigen(7) Abendvorstellungen mit der Spezialisierung der Ensembles zusammenhängen, die in der Caerte verzeichnet worden ist (oock de gene...). Als ein Hinweis darauf kann dabei die Differenzierung des Weltlichen ins Ernste und Komische dienen, die bei den Abele Spelen so ins Auge fällt. Dafür ist auch eine theatergeschichtliche Tradition anzuweisen, die uns wunderlicherweise wieder nach West-Flandern führt. 1434 wurden in Oudenburg bei Ostende zwei Stücke nacheinander aufgeführt, höchstwahrscheinlich eine Farce und ein Königsspiel (De Wolf 303). Schon rund 1400 scheint man goede solaselike spele(8) von den spelen sonder dorperheit(9) oder sonder vylonie(10) zu unterscheiden. In dem Chronikbericht über das Schützenfest von 1408 zu Oudenaarde wurden das bamentene und scoenen spelen te spelene als Nebenziele der Zusammenkunft gesondert erwähnt. Es wird dort auch gesagt, daß es ein solches Bürgermilizfest seit 60 Jahren nicht gegeben habe (Vander Meersch 380), was die allgemeine Datierung der Abele Spelen mit den Sotternien auf ca 1350 von Seiten der theatrica-Geschichte bestätigt. Selbst wenn sie nicht immer in der Kombination ernst-komisch begegnen, waren die Doppelaufführungen keine Seltenheit. Abgesehen von den umgebenden Gebieten - der erste französische Beleg von 1352 betrifft ja eine Doppelaufführung (Petit de Juleville 323) - haben wir: Flandern 1481 - twee ghenouchliken esbatementen (DHondt 31), die Mehrzahl in den Belegen von Damme 1454 und zweimal 1455, gegenüber der Einzahl 1451 und 1455. Mehrere Beispiele aus Mechelen (1511, 1530) sprechen sogar von diverse spelen (1512, 1524, 1525, 1528, 1546 - Van Autenboer).

Die Doppelaufführung abel spel + sotternie hat man verschieden erklärt: theatergeschichtlich (Hunningher, Van Dijk), literatur- und kulturgeschichtlich (Traver, Van Meurs). Man hat darin auch einen Zufall gesehen, der keiner Erklärung bedarf (Hollaar und Van den Elzen). Was jedoch bei einem einzigen Textpaar akzeptabel wäre, ist bei fünf Paaren aus bloßen Warscheinlichkeitsgründen abzulehnen. Aus der Geschichte der Überlieferung der abele spelen ist ebenfalls keine Spur einer solchen en-bloc-Aufführung zu finden (D¹brówka 1989).(11)

Auf die Doppelstruktur kommen wir noch im § 4 zu sprechen, aus dem Obigen halten wir folgende mögliche Gründe zur Diskriminierung der camerspelders fest: (1) sie spielten keine geistlichen Stücke, (2) sie konnten ohne Kontrolle im unoffiziellen Verkehr arbeiten, wodurch sie das bloß attraktive anbieten konnten, (3) sie konnten finanziell unabhängig sein und dadurch professioneller, d.h. wieder attraktiver auftreten. Der vierte "Fehler" der camerspelders hängt mit dem 1. zusammen: indem sie spelen van banieren gespielt haben, dienten sie der Verherrlichung eines weltlichen Herren.

Die Banner können zweierlei Funktionen gehabt haben: eine ikonographische im Rahmen der Aufführung, wie es in den abele spelen zur Andeutung der Höfe der Fall sein konnte; so etwas ist in den Pariser myst res mimes sans parolles bezeugt, wie z.B. Troye la Grant in dem Palais de la Cité, 1389 (Loomis 108, 114), oder eine äußere, als ine Art Titelangabe des zu Erörternden. Obwohl das Interesse des spätmittelalterlichen Patriziats an Wappen bekannt ist, wird es sich doch um die traditionelle Adligenheraldik handeln; vgl. Herzogenbusch 1423 een Coninc banier te maken und 1441 eenen banyeren (Hermans 181, 183). Vander Straeten hat eine Sammlung von späteren Fahnen angelegt, die nach dem Gebrauch des 17. Jahrhunderts eine Synthese des aufzuführenden Dramas bildeten (I:148). Gesprochene Banner - Aktenzusammenfassungen - hat Colijn van Rijsseles bürgerliche Komödie avant la lettre, Spiegel der Minnen von ca 1500.

Die spelen van banieren sind in dem mittelniederländischen Repertoire in einer Reihe von historisch inspirierten Stücken zu situieren, die - soweit wir wissen - mit dem Trazegnies-Spiel beginnt, und wo später solche ausgesprochen historische Stoffe begegnen wie die Biographie des Diederik van Aalst (1144-1166) oder die Schlacht bei Worringen von 1288 (Einzelheiten in meinem Repertoire, 1990).


§ 2. Spielgruppierungen


Aus der Caerte 1496 wird eine Spezialisierung der Gruppen ersichtlich: zuerst werden alle zusammen angesprochen, danach diejenigen, die in denselben Räumlichkeiten die Esbatementen entgeltlich spielen. Vielleicht bedeutet das eine Zusammenarbeit beider Richtungen bei der Gestaltung des Programms: eine Gruppe spielt das ernste Stück, danach kommen die anderen mit ihrer Farce. Es heißt doch in den Ankündigungen der Sotternien immer "men sal u ene sotheit spelen gaen", während in den Prologen vor den ernsten abele spelen "wi gaen beghinnen" zu lesen ist. Die untenstehende Reihe von Belegen aus Damme weist auf das Bestehen einer spezialisierten Unterhaltungsgruppe in Brügge hin (Vander Straeten I:33 f.):



Träger des umfangreichen und differenzierten weltlichen Repertoires, die von der Caerte angwiesen worden sind, waren sicherlich keine Randerscheinung, die man unbeachtet läßt, sondern es war eher eine frühere Formation, die nur geduldet wurde, solange die neue - die Rederijker - schwach war; sobald sie stark geworden ist, kämpft sie auf drei Fronten: sie schließt die Profi`s von ihren Festlichkeiten aus, sie verbietet es den eigenen Mitgliedern, jeglichen Gebrauch von ihrer schauspielerischen Begabung außerhalb der Kammer zu machen, z.B. ohne die Zustimmung der Gilde up waghenen oft stellingen zu spielen - hier keine camers genannt (Gaillard 414 f., s.v. Tafelspel), zum Schluß werden auch Bußen auferlegt, falls Erwachsene sich an Aufführungen von Spielen oder Esbatementen wagen, ohne Mitglied einer der drei offiziellen Kammern zu sein - Mechelen 1534 (Van Autenboer 98). Hier nimmt die Diskriminierung einer beliebigen, nicht nur einer professionellen unoffiziellen Aufführung die Form der Strafverfolgung an. Auch eigene Mitglieder werden bebußt, wenn sie sich der im Statut festgelegten Spielverpflichtung entziehen. Daß es sich dabei nicht hauptsächlich um Konkurrenzstreit, sondern um die Kontrolle handelte, davon zeugen vielleicht die doch erteilten Zustimmungen: die Handboog-Kammer von Mechelen hat 1587 ihre eigene Räumlichkeit für 20 stuyver an einen camerspeelder für eine Woche vermietet.(12)

Im Laufe der Vergesellschaftlichung der freien Spielgruppierungen wie z.B. die Vroigdendaels zu Ende des 15. Jahrhunderts, die seit 1519 normalisiert gesellen van der rethoriken van Vroigdendale heißen (Gallée 114), ist es nur wenigen gelungen, der "direct supervision of the Church and city guilds" zu entrinnen (Gash 83). Über Gruppen von unbestimmtem Status in Mechelen berichtet Van Autenboer: gesellen van den palmrijze (75), gezelscap vanden verbeerden (74). Auch Gallée nennt weltliche Kammern, die in den Stadtrechnungen verzeichnet werden, jedoch nicht bei kirchlichen Prozessionen auftreten (112).

Während das Bestehen von professionellen Spielern und Gruppen das ganze 15. Jahrhundert hindurch sowie für den Ausgang des vierzehnten (Peters, Hollaar und Van den Elzen) nicht mehr bezweifelt wird, ist man sich über ihre frühere Tätigkeit nicht einig. Jetzt, wo es für England bewiesen worden ist, daß es im Mittelalter professionelle Schauspieler mit besonderem Repertoire gegeben hat (Wasson), kann auch gesagt werden, daß man bisher die undeutlichen niederländischen Beispiele zu vorsichtig beurteilt hatte. Insbesondere geht es um die speelman- und spel-Belege, aber auch um andere Bezeichnungen für die Spiele und die Spieler. Wenn es ein ausgebautes Repertoire von hohem künstlerischen Niveau gegeben hatte, muß es auch ein professionelles Milieu gegeben haben, wo jenes gepflegt wurde, eine Organisation, ein Medium, wo es vermittelt werden konnte. Mögen die spoelluden im geldrischen Hattem erst 1484 ausdrücklich als Schauspieler bezeichnet worden sein (Hollaar... 314), so darf man doch nicht erst dann ihr Bestehen anfangen lassen. Wenn in den gräflichen Rechnungen von Holland 1385 ein Honorar an einen Ghoeswijn van Ghelre den dichter ende sine ghesellen elx 1 gld verzeichnet wird (Jonckbloet 603), dann wirft das ein Licht auf undeutlichere Belege, wie 1392 meester Jan de dichter (2 gld., ibidem 608), meester Pieter den dichter van Breda, 1361 (600, vgl. 633). Wenn 1388 ein sangher die een speelkijn voir minen here seyde mit nicht weniger als 1 gld. bezahlt wird (606), dann kann das speelkijn wohl kein Witz (jocus), sonder es wird ein ludus gewesen sein. Und wenn 1341 apud Ghand ... II viellatoribus et II ministrelis cum cornu(13) Qui tulerunt domino literas de rege et regina Anglie 10 scuta gegeben werden (595), dann wird das wieder eine Gruppe gewesen sein, die etwas mehr als bloße Deklamation angeboten hatte. Für alle Fälle gilt die Erkenntnis der Volkskunde, daß das mündliche Repertoire nicht von der Gesellschaft als Ganzes gepflegt und vermittelt wird, sondern von begabten Erzählern, die immer ein eigenes Repertoire aufbauen. Wenn irgendwo ein Zeugnis einer oralen Vermittlung eines Textes zufällig auftaucht, können wir sicher sein, daß es nur eine Eisbergspitze ist. Nur selten sind die Rechnungen ausführlich genug, manchmal ergänzen die weit in der Zeit und im Raum entfernten Bruchstücke einander, z.B. Brügge 1392/93 ...ghegheven enen c a m e r l i n c ute Ingheland de welke speilde voor de wet daer zy te gader aten, ende anderen diversen zanghers ende menestruels... xj s.gr. (Gilliodts 36) - und Brügge 1310: Item doe t`Avensyoen myns ser Remondt Kardenaels C a m e r l i n c II goudine. Item doe Puchiate sinen menestruel j goudine. Das Wort camerlinc scheint sonst nie etwas mit dem Schauspiel gemeinsam zu haben. Der Zusammenhang wird verständlicher, wenn wir an den Privatverkehr denken, der in dem Wort selber impliziert, in einer anderen Form noch viel Später vorzuliegen scheint: Herzogenbusch 1582/83 (Hermans 162) - Aan de Duitsche kamerspelers, die t e n h u i z e van den heer van Helmond van wege deze stad gespeeld hadden 2 gulden. Vieles ist seit 1310 (Brügge, oben) verändert, nur die Honorare nicht!


§ 3. Der Spielplatz: camere, solre, speelhuus, danshuus


c a m e r e


"De selve cameren" bedeutet wohl eine feste Räumlichkeit. Von den acht Bedeutungen des Wortes camere im Mittelniederländischen Handwörterbuch (Verdam 280) passen die unter (1) genannten zoldering, verdieping am besten. Kamer, vertrek, (2) sind als Wohnzimmer weniger wahrscheinlich. Das lateinische "in cameris" bei Badius (s.o. Anm. 4) ist insofern udeutlich, daß man nicht weiß, ob er dabei dem mittelalterlichen Gebrauch folgt (vgl. Niermeyer s. v. camera: 1 - any comparatively small room, 4 - workshop) - oder dem klassischen,(14) wo es gewölbte Decke und als Raum (incameris) vielleicht Stockwerk wie im ndl. (verdieping) bedeutete. Die frühesten Glossare übersetzen durch mnl. camere folgende lateinische Wörter: camera (Glossarium Bernense 0905, Glossarium Haarlemmense 0922); conclavis (GB 1486, GH 1419); pastoforium (GB5681, GH 5986); penates (nur GB 5782); talamus (GB 7899, GH 8792); triclinium (GB 8191, GH 8792); tristega (GB 8217, GH 8808). Das mnl. Wort camere konnte also eigentlich jeden Raum im Haus bedeuten.

In Breda ist um 1500 eine zu Unterhaltungszwecken dienende camera bezeugt, die sich im oberen Stockwerk des Weinhauses Vogelenzang befand (Hermans 196, 198):



Zagen spelen bezieht sich auf ein Schauspiel; gegeven der Vrouwe op te camer boven in NN impliziert etwas Gebräuchliches.

Die Vermietung eines Schauspielraumes in Gent 1451 omme spel te houden (Belgisch Museum I:418) wurde von Worp bezweifelt, weil nicht eine Gruppe genannt wird, sondern nur ein Mann. Um einen Spielplatz zu mieten braucht aber nicht die ganze Gesellschaft zu reisen, besonders wenn es sich nicht um einen kurzweiligen Aufenthalt handelt.


s o l r e


An camere in der Bedeutung verdieping schließt sich unbedingt der berühmte holländische Beleg aus Dordrecht 1364: ...des dinxd. avonds na Pinxteren in die darde weke van Meye gegheven Tordr. 2 pipers, die minen here enen avond pepen, daer hi mitten vrouwen bi dansede, 8 sc. Item op die selve tijt eenre clareytster 4 sc. Item des voirscr. dinxdages tot eenen spele op eenen solre, dat min here ghinc sien, 8 sc. Item des woensd. daerna Tordrecht eenen vedelaar... (Jonckbloet 631). Bekanntlich geht es um die Zweideutigkeit des Schlüsselwortes. Wenn es nicht in der Bedeutung Bretterschaugerüst (pulpitum), sondern oberes Stockwerk samt Dachboden (solarium) gabraucht wurde, haben wir es mit einem Beweis einer öffentlichen Schauspielaufführung zuhause für ein bezahlendes Publikum zu tun,(15) im Jahre, nota bene, 1364.

Hollaar und Van den Elzen (319) sprechen sich - wohl auf der Spur von Jonckbloet, der über das Mittelniederländische Wörterbuch von Verdam noch nicht verfügte - entschieden für die Bedeutung solre = `Bretterschaugerüst im Freien` aus, weil (a) die niederländische Archeologie Häuser mit größeren Bodenräumen selten finde, (b) der Wortgebrauch von sulrekijn als Erhöhung, Schaugerüst, Podium ebenfalls vorliege, sowie (c) der Kontext darauf hinweise.

Nun ist "selten" (a) manchmal häufig genug, das erste feste Theater war in Amsterdam seit 1637 lange Zeit auch ganz vereinzelt da; (b) der sulreken-Beleg weist sicherlich auf eine Art Bühne hin, bloß nicht unbedingt im Freien, sondern eher im Hausineren (s. dazu den Beleg aus Arnhem von 1426 in dem speelhuus-Abschnitt). Die Diminutivform kann bisweilen mehr als bloße Verkleinerung beinhalten, hier etwa einen räumlichen Gegensatz in der Situierung der beiden Gegenstände: solre draußen, sulreken innen. Der Interpretation (c): "nicht zuhause sondern draußen auf einem solre" kann man eine andere entgegensetzen: nicht zuhause, sondern in einem anderen Haus, wo man im oberen Stockwerk Spiele aufführt. Die Anmerkung "op eenen solre" kann vom Kontext her nicht als Andeutung der Gegenüberstellung draußen-zuhause verstanden werden, sondern es enthielt nur die allgemeine Information "nicht hier". Syntaktisch ist die Wortgruppe (d) "tot eenen spele op..." nicht identisch mit (e) "een spel op...". Während in (e) solre eine Bühne sein könnte, braucht das in (d) nicht ohne weiteres der Fall zu sein. Wenn wir die Syllepse rückgängig machen, dann ergeben sich zwei Sätze: (d1) ...ginck tot eenen spele op eenen solre, (d2) ...gegeven tot enen spele... . Der Satz (d1) impliziert einen Raum, wo gespielt und zugeschaut wird, (d2) zeigt in seiner Syntax etwas Ähnliches wie der obige Eintrag von Breda, 1497: gegeven opte camer boven; also - eher eine Art "Theater" als eine Art "Bühne".

Die Aufführung von 1364 zu Dordrecht hat eher am Abend als am Nachmittag (so Hollaar 318) stattgefunden, denn es gibt keinen Grund anzunehmen, daß die Einträge unchronologisch sind. Dann entsteht aber die Frage der Beleuchtung, die im Inneren einfacher und billiger ist als bei einer Abendvorstellung im Freien, wo pectonnen, vuurpannen und toortsen erforderlich sind. Das Brennholz in Aalst 1475 kostete fast dreimal soviel als man den Spielenden gab (DHondt 28 F. 4).

Nach den ältesten niederländischen Glossaren entspricht solre dem lat. solarium (GB 7466, GH 7981), das Niermeyer in dem uns interessierenden Bereich ungefähr so wie Verdam spaltet: oberes Stockwerk gegen offene Terrasse und ebenfalls keine deutlichen Belege für die Verwendung als Bühne anführt. Dazu gibt aber reichen Bescheid Diefenbach. Neben dem mnl. geboene, das Verdam nicht erklären konnte(16) nennt er u.a. verschiedene hoch- und niederdeutsche Wörter für Bühne, welches Wort genauso zweideutig wie das ndl. zolder erscheint. Nach Paul bedeutete mhd. büne (1) erst jedes Brettgerüst, danach nur Schaubühne, sowie (2) bretterne Decke eines Zimmers und den Raum darüber unter dem Dache. Es ist eine vielsagende Parallelität: für beide Bedeutungsbereiche stellen wir eine Äquivalenz zwischen dem mnl. solre und dem mhd. büne fest. Im Deutschen wird schon damals die Brettgerüst-Bedeutung überwiegt haben, im Niederländischen die Hausteil-Bedeutung, so daß sich die Bedeutungsbereiche von camere und solre decken dort, wo solre das obere Stockwerk andeutet, darunter einzelne Räume, auch Versammlungssäle.

Verdam widmet viermal mehr Platz dieser als die übliche bezeichneten Verwendung von solre als der anderen Bedeutung, `aan de zon blootgestelde ruimte`, offene Terrasse. Es ist deshalb sehr irreführend, wenn Hollaar und Van den Elzen behaupten, die Bedeutung Podium wäre die gewöhnliche: sie steht nicht einmal richtig verzeichnet bei Verdam, der auch ihrer Meinung widerspricht, das obere Stockwerk hieße "doorgaans locht of staedze en niet solre" (319). Dagegen können wir auch neue Beweise aus Arnhem anführen:



Die Schule war ein hölzernes Gebäude, das 1419 abgebrannt war (III:422), aber solre ist dort nicht als Dachboden, sondern als oberes Stockwerk zu verstehen, weil es dort eine große Treppe (vgl. die hohen Kosten von 1404) und eine Feuerstelle (heert) gegeben hat. Die Sitzplätze unten implizieren auch welche oben. In den Epilogen der Abele Spelen (Esmoreit) und der Sotternien (Buskenblaser) wird dem Publikum eine Treppe als Ausgang angewiesen: gaet alle dien graet neder. Diese graet gehört zu den stärksten Argumenten für die These von deren Aufführung im oberen Stockwerk eines Gebäudes und, dementsprechend, für die Übersetzung des solre als solarium, oberes Stockwerk.

Solre in den beiden Bedeutungen nennt auch Alberts in dem Glossar zu dem I., hauptsächlich noch Lateinische Eintragungen enthaltenden Band des Rechnungenbuches von Arnhem (im Text selber ist mir kein Beleg aufgefallen). Das von ihm dort aufgenommene solarium findet sich (u.a.) 1364 - de sollario vendito de domo Reyniri Rense 3 lb 10 s. (I:235)(17). Die Art der Beziehung zwischen dem verkauften solarium und dem Haus vermag ich nicht zu erklären; sie gehören jedenfalls als Teil und Ganzes zusammen.

Als die übliche Bezeichnung einer Straßen- oder Marktbühne, wie sie von den Abbildungen zu den berühmten Vertoningen von Brüssel oder Brügge bekannt sind (Herrmann S. 395), gilt nach Verdam stallage, stellage oder stellinge, z.B. Berg op Zoom 1478 (Hermans 325), auch Flandern 1478 (Vaderlandsch Museum III:35). Vielleicht wurde so etwas auch in Arnhem 1363/64 gemeint in dem Incipit primo van stellinge te maken, wo in einer ganzen Reihe von Ausgaben auch pro candelis eingetragen wurde: die Summe betrug ca 15 Pfund (Alberts I:232) - einige von den Vertoningen waren ja mit Kerzen beleuchtet (Abbildungen bei Herrmann auf S. 381 und 402). Andere Bezeichnungen für die Straßenbühne sind stage(18) und später schavot.(19)


s p e e l h u u s/d a n s h u u s


Bei der Eintragung einer Buße wurde 1306 in Gent zur näheren Identifizierung des Verurteilten ein Wort eus dem Spielbetrieb verwendet: Heynris uten speelhuse (Vuylsteke, Puyvelde 915). Obwohl das Mittelniederländische Wörterbuch und die ältesten Glossare hier ein Theater sehen (GB 0337, GH 0334 amphiteatrum; GB 7919, GH 8468 teatrum), wollen wir bei der breiteren Auffassung im Sinne der mittelalterlichen theatrica bleiben und uns dem viel späteren und eindeutigen danshuus-Beleg zuwenden. Im § 5 werden die möglichen Verbindungslinien zwischen den beiden Häusern untersucht, jetzt sei nur an die häufig festgestellte Identität von Tanz und Spiel erinnert. Arnhem 1426 (Alberts IV:385):


Wichtig sind dabei einige Aspekte: (1) es ist eine Renovierung, das ergibt sich aus dem Wort opmaken, aus dem früheren Eintrag (S. 384), wo ein Arbeiter einen Tag im voraus mit dem Aufräumen des Tanzhauses beauftragt wird, sowie aus dem Präteritum stunden (deutsch: standen), dieser Zustand kann einige Jahrzehnte alt gewesen sein; (2) es wird sowohl von Arbeiten in Holz als auch vom Mauerwerk gesprochen, vermutlich wurde ein hölzernes Haus verstärkt; (3) insbesondere werden der Renovierung die Sitzplätze, zitten, und das sulreken unterworfen - es gab also in diesem Tanzhaus feste Sitzplätze, keine bloßen Stuhle, weil die wären aufgeräumt worden. Und wenn es feste Sitzplätze gibt, dann haben wir es auch mit keinem bloßen Tanzhaus zu tun, und kann sulreken wirklich eine Art Bühne bedeuten, nicht nur etwa ein Balkon für Musikanten, wie die minstrel gallery in Palästen. (4) Die Tanzhaus-Ausgaben beginnen mit dem Eintrag: toten danshuse doe die hoff des vastelavonts hier was ende dat havehuus te maken (S. 384) und umfassen also auch die Ausgaben für die Renovierung des havehuus (Hofhaus), einer herzöglichen Residenz (ons heren hoff, 1411, III:183). Daß der Herzog das Tanzhaus am Fastnachtabend besucht hat, kann davon zeugen, daß das Angebot interessant war. (5) Die Ausgaben im Rahmen der structura civitatis betragen insgesamt ca 90 Gulden, wofür man damals 210.000 Backsteine kaufen konnte (SS. 383-387).

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ein besonderes Tanzhaus(20) mit festen Sitzplätzen und einer Bühne nicht bloß zum Tanzen da war. Außer den Gelegenheiten, wenn eine Veranstaltung durch die Stadt bezahlt worden ist, wird es auch nicht leer gestanden haben. Während wir aber in Breda und Herzogenbusch um 1500 regelmäßig Abendvorstellungen in Weinhäusern bezeugt sehen, die auch von Adligen besucht werden, haben wir dieselbe Sicherheit für Arnhem um 1400 nicht und können bloß vermuten, daß dort, wo man in aller Unschuld zwei oder drei Abende nacheinander "getanzt" hatte (Alberts V:268, 331) ende tusschentijde Manches verdroncken - auch Literatur zum Besten gegeben wurde, ohne daß es in dem Eintrag verzeichnet worden ist. Das letztere weist einerseits auf einen hohen Integrierungsgrad der eventuellen Stoffe mit der Feierlichkeit hin(21) und andererseits hängt es mit der Vieldeutigkeit des Wortes tanzen zusammen - s. § 5.

Neben dem eigentlichen Tanzhaus - und sicherlich früher in dessen Funktionen - wurden verchiedene städtische Räumlichkeiten benutzt. Man wird dabei einen Unterschied machen sollen zwischen den Bürgerhäusern,(22) Rathäusern(23) oder sogar der Stadtschule(24) einerseits und den herkömmlichen Spielgelegenheiten wie die oben erwähnten Wirtshäusern von Brabant und Geldern und den typischen Spielhäusern wie eine speelbaen, kaetsbaen und dobbelscole (bei Plantijn alles synonymisch). Die letztere wurde in Arnhem 1364, 1365, 1369, 1379 und 1381 (salvo omissione) unter den Einkünften der Stadt erwähnt, mit immer kleiner werdenden Beiträgen, danach findet sich diese Position nicht mehr. Die beiden letzten Tatsachen hängen sicherlich mit dem im 14. Jahrhundert allgemein werdenen Versuch, den Spielbetrieb zu beschränken (vgl. die zahlreichen Kartenspielverbote). 1342 lesen wir in der stadsordonnantie von Brüssel (Vaderlandsch Museum I:250) über Bußen für jeden, der dobbelt bi nachte ofte dobbelscole houdt bi nachte oft dobbelspel binnen sinen huise houdt bi nachte. Was verboten wird, geschieht zu häufig. Der Spielbetrieb von Einzelpersonen wird gebannt, das Spielen selber für sündenhaft erklärt: das Würfelspiel wird verboten als men ten heiligen sacramenten gaet (Van Tanerijen I:309).

Damit ist keinesfalls bewiesen worden, daß die dobbelscole auch "literarische" Unterhaltung geboten hatte. Das Spielhaus war aber eine Räumlichkeit, die potenziell dazu geschickt war und auch so verwendet werden konnte, als es sich finanziell so schickte. Daß jeder Platz zum Spielen gut war, das beweist die Stadt Brügge, wo man 1315 drei Spielleute im Geiselhaus auftreten ließ.(25)

Mag der Genter Heynris uten spelhuse von 1306 ein Schauspieler oder etwa ein Würfelspieler gewesen sein, ein Haus zum Spielen hat es ohne Zweifel gegeben. Ein Spielhaus, daß nach Renger gerade kein Trinkhaus war, zeigt die Wirtshausszene des Braunschweiger Monogrammisten (Renger Abb. 64): man sieht dort einen großen Raum mit einer Feuerstelle sowie einem Dachboden, wohin eine hölzerne Treppe führt. Einige Menschen in ein paar kleinen Gruppen sind mit allerlei Spielen beschäftigt: am Tisch wird gewürfelt, am Fenster spielt einer Flöte. Keiner sitzt da um zu trinken. Männer umarmen Frauen. Man vergleiche hier die implizite Differenzierung Trinkhaus - Spielhaus in einem Brüsseler Text von ca 1325, s. u. Anm. 35.


§ 4. Kirchliche recreatio und fürstliche Feierpflicht


Der Bericht über die melleye [Schlagpartei] des Heynris uten spelhuse ist bezeichnend, so etwas kann den Unwillen gegenüber den Spielleuten und den Spielhäusern erklären. Das spelhuus selber ist nämlich auch eher als ein domus deliciae et iocunditatis denn als ein anständiges bürgerliches Kulturzentrum zu denken (vgl. Renger Nr. 62 und Herrmann Nr. 75). Unser Wissen über die älteste weltliche Aufführung in den Niederlanden - das Spel van Stragengys von 1373 zu Oudenaarde hat jemand auch mit Blut bezahlt: wir erfahren davon aus Eintragungen über Geldbußen (Van Puyvelde).

Der alte Kampf zwischen dem Kaisertum und dem Papsttum, der immer ein Kulturkampf um die Seele des Volkes war (Heer), dauert nun, nachdem seine politische Strömung, der Investiturstreit, ausgekämpft war, in der Stadt fort. Die von der sakral-politischen Einheit gelöste Kirche beginnt ihren Anspruch auf die Schaffung einer allgemeinen, "katholischen" Kultur zu realisieren, d.h. ein System von Lebensformen außer dem rein kirchlichen Bereich aufzubauen, die zu Dem Großen Zweck führen. Sie stößt dabei auf den immer stärker werdenden Staatsmachtwillen der Fürsten, die ihre dynastischen und ständischen Interessen legitimieren wollen, bald auch gegenüber den Städten, wobei sie sogar das biblisch-Typologische nicht meiden (vgl. Herrmann Nr. 78: Moses bringt die Tafeln, Herzog Louis de Nevers gibt Brügge Privilegien - Brügger lebendes Bild in zwei Teilen).

Diese beiden Mächte sind nun bekanntlich für die Motivation und die Organisation der kulturellen Aktivität in den Städten zuständig, denn die Städte selber haben bis zum 15. Jahrhundert keine eigenen ideologiefähigen Formen gelten lassen (Duby 241, Peters 197). Was wir aus der frühesten Stadtliteratur erfahren - schon seit Beginn des 14. Jahrhunderts bezeugt (Pleij 1986) - umfaßt hauptsächlich nur noch einige Alltagsmotive und wenn es schon wirklich in der Stadt und für die Stadt entstand, bietet es dem Adressaten keine Perspektive einer durch Alteritätsbewußtsein geprägten sozialen Identität, sondern die einer moralischen Vorbildlichkeit. Die angebliche Distanzierung von den Dörfern (in den Sotternien) steht im Dienst einer moralischen, nicht einer sozialen Differenzierung (vgl. die Tugenden und Laster als Bevölkerung der Civitas Dei, Renger Nr. 46). Die Bauern als solche werden übrigens nur in einer der Sotternien und dann ziemlich konventionell thematisiert; die häufige Gleichsetzung Bauer-Landsläufer in der Ikonographie kann ja nie standesmäßig gemeint sein!

Die bürgerliche Alterität (noch nicht Identität, die kommt erst in "eigenen" Gattungen und künstlerischen Traditionen wie z.B. die Schelmenanekdote zum Ausdruck) wäre zunächst im Bereich der Unterhaltungsausübung zu suchen, erst danach in dem der Stoffe, die zuerstmal als Anpassungen (Pleij 1988), dann neugeprägt erscheinen. Darum schauen wir erst auf die Medien als Organisationen zur Übertragung von Werten und zwar auf die neuen Organisationen - die literarischen Gesellschaften - wo man zwar nicht direkt für sich selber als Klasse wirkt, sondern erst für eine der Großmächte, das Fremde führt man jedoch selbst aus. Dieses Selbst ist gerade das Neue, die Werte sind "alt", fremd, nur das Medium ist neu, eigen. Wenn wir das McLuhansche Gesetz heranziehen, dann könnnen wir sagen, daß zuerst die neuen Organisationen ganz die neue Nachricht ausmachten.

Der Streit um die Stadt, um die Seelen der Stadtbevölkerung, war ein Streit um die Medien, Organisationen, die profane Werte vermitteln sollen. Die recreatio-Lehre hat das Spielen rehabilitiert (Olson), aber nicht die alten Unterhaltersberufe, die alten Medien blieben verfemt (vgl. die Abbildung Nr. 60 bei Herrmann). Die Städte wurden zum Schauplatz einer Zweiströmigkeit im Kulturbereich. Sie schließen Kontrakte sowohl mit den Minstrelen(26) als auch mit den neuentstandenen Rederijkers,(27) um sich eine fachmännische Mitarbeit zu sichern. Vor allem aber lassen sie - um von der recreatio-Genehmigung Gebrauch zu machen und der fürstlichen Feierpflicht gerecht zu werden - Spielgruppierungen bestehen und entstehen oder lassen es zu, daß solche entstehen.

Im allgemeinen gilt der Adel als Pate der halbmilitärischen Schützengilden(28) und die Kirche - der halbreligiösen Brüderschaften, die jedoch nicht ihre Organe waren. Der identitätslosen Stadt sollte (in Selbstbedienung) eine Ideologie, eine Vorgeschichte gegeben werden: entweder eine weltlich-heraldische oder eine biblisch-typologische. Die vorgegebenen Motivationen sind nach guter Sitte aller Ideologien eben unschuldig als falsch: es ginge nur darum, den Menschen in der Stadt etwas Freude zu bereiten: om de goede lieden te verblidene; der feierliche Fürsteneinzug in die Stadt heißt nicht zufällig blijde inkomst.

Auch die alten Jongleure, die ihr Wesen hauptsächlich im weltlichen Bereich trieben, waren nicht auf die weltlichen Fürsten angewiesen, sondern sie konnten ebenfalls in einer Dienstbeziehung zu kirchlichen Würdenträgern stehen; es gibt ab und zu einen spreker sonder wapen (1393) oder 3 sprekers die genen here en hadden (1395, Jonckbloet 609) - vgl. auch oben die dichter-Belege.

Die Schützegilden - als militärische Reserve der weltlichen Macht und Bürgermiliz zugleich entstanden - werden sehr früh im Zusammenhang mit Spielen und Schauspielen erwähnt. Für die Niederlande liegt schon 1404 eine dramatische Preisfrage als Unterteil eines Schützenfestes vor (Van Autenboer 85); die scutterie von 1348 ist oben erwähnt worden; das erste höchstwahrscheinlich weltliche Stück, aufgeführt zu Oudenaarde 1373 - das spel van Stragengys, wiederholt zu Dendermonde 1447 als Tspel van Tresignis und erwähnt in dem Genter Stückeninventar von 1532 als Het spel van den heer van Trasengijs verweist auf das Geschlecht Trazegnies in Hennegau, dessen Vertreter, Oston VI. im Jahre 1380 die Statuten der St.Georgsgilde von Mons bestätigte (Poncelet in der Biographie Nationale de Belgique, Bd. 25:594, mehr in meinem Repertoire).

Die heraldischen Dienste der Schützen waren nicht primär oder wurden so nur in besonderen Augenblicken wie Kriege(29) oder Biographisches - z.B. vermutlich in dem obigen Fall die Teilnahme des Oston VII. von Trazegnies an der Schlacht bei Bäsweiler 1371, die für mehrere niederländischen Provinzen, vor allem Brabant und Geldern, so wichtig war.(30) Die Schützenfeste waren häufiger Anleitung für andere Gruppierungen zu ihren Auftreten: quando sagittari sagittaverunt papegay, haben die gesellen van den spele ihre Spiele aufführen können.

Es ist schwierig zu entscheiden, inwieweit die höfisch inspirierte Literatur Zugang zu diesen Medien fand. Ein Beispiel: um 1450 gab Philipp der Gute den Auftrag zum Schreiben des Prosaromans Histoire de Gillion de Trasignyes et de dame Marie sa femme (Hrsg. O.L.B. Wolff 1839), vielleicht steht die Aufführung von Dendermonde 1447 damit im Zusammenhang und diente sie der Verteidigung der Interessen der Aristokratie und allgemein dem moralischen Konservatismus, wie das neulich in bezug auf die mittelenglischen Romanzen und stellenweise auf Chaucer bewiesen worden ist (S. Knight 1986a:163 und 1986b).

Die schon im 13. Jahrhundert beginnenden nordfranzösischen Confréries de Puy werden erst um 1400 literarisch wirksam (Peters 216), früher überwiegt eine von der zivilisatorischen nicht zu trennende genossenschaftliche Funktion, die auch bei den späteren niederländischen Rederijkers sehr ausdrücklich in den Statuten festgelegt wurde (Strietman) und gegenüber der literarischen Aktivität nicht als ganz zweiträngig zu bezeichnen ist. Daß die letztere stärker betont wird, kann mit der wachsenden Rolle der literarischen Unterhaltung zusammenhängen, die mit der Entwicklung der Städte allgemeiner geworden ist. Die Organisierung der Bürger ist in beiden Fällen grundsätzlich religiös motiviert, so daß es sich eindeutig nicht um ein geistliches Muster, sondern um eine gewollte Vergeistlichung d.h. Verchristlichung und wenigstens um die von der Kirche erwünschte Bezügelung des Spielbetriebs - des Repertoires und dessen Träger - handelte.

Eine solche Absicht ist ausdrücklich in der Zielsetzung der Confrérie de Saint Martin zu Fécamp formuliert worden: wir sehen dort eine programmatische Zulassung von joculatores zu der Bürgergemeinschaft, um ihnen nach christlicher Art die Möglichkeit zu eröffnen, "ihren verachteten Lebenswandel zu verändern" (Peters 218). Es geht natürlich um eine Integrierung nach dem mittelalterlichen poetischen Rezept "reim dich oder ich freß` dich" (Curtius). Daß die Jongleure sich nicht "reimen" lassen wollten, das beweist noch die Caerte 1496, wo sie von den Rederijkers "gefressen" werden. Dieser Niederdrückungs- und Verdrängungszweck ist m.E. der nach U.Peters (219) mangelnde "direkte Weg" zwischen den Confréries und den späteren Brüderschaften.

Die Selbstverständlichkeit, mit der hier Bürger genannt werden, zeugt davon, daß sie das eigentliche Objekt der kulturschöpfenden Aktivität der Kirche waren. Die Stadt wird als eine Art Missionsgebiet betrachtet. Die städtische Arbeitsglocke von Brüssel anno 1325 hängt immer noch op den torre van Senter Claes, der Glockner wird schon von der Stadt bezahlt!

Daß die Brüderschaften doch erfolgreich waren, sieht man am besten im Bereich des Repertoires. Nicht nur hat eine "fruchtbare Zusammenarbeit von Geistlichkeit und Laien" zur Schaffung "einer sehr spezifischen Form städtischer Literaturpraxis" beigetragen - gemeint sind geistliche und weltliche Aufführungen (Peters nach den Daten von Neumann). Sie haben mehr erreicht: das Weltliche in ihrem Repertoire konnte weltfeindlicher als die Passionsstücke sein. Selbst das Komische ist christianisiert worden und bedeutete nicht das bloß Lächerliche, sondern deutete den Zustand der Gnadenentziehung an (Gauvin). Die von den Enfants sans souci - einer nicht ständisch begrenzten confrérie - betriebene Sottie, eine völlig der Verspottung aller menschlichen Werke gewidmete Gattung (Goth) - ist eigentlich eine haßerfüllte Vernichtung der diesseitigen Welt.

Das Weltliche kann auch "nur" dermaßen von christlicher Ethik oder kirchlichen Sozialdogmatik vorgeprägt worden sein, wie es in den Abele Spelen mit den Sotternien der Fall ist, daß es allein in einem beschränkiten Sinne weltlich genannt werden kann. Auch ihre Überlieferung, jeweils in Paaren abel spel + sotternie läßt sich aus dem mittelalterlichen ethisch-ästhetischen Dualismus von venustas und obscoenitas einfach erklären: man vergleiche nur die Ähnlichkeit der Bedeutung von venustas und abel (das Letzte kann übrigens nicht eindeutig erfaßt werden); der Name des zweiten Gliedes, der Sotternien, die ja nichts mit den Narren zu tun haben, kann wieder in dem noch ganz religiös, nicht sozial geprägten moralischen Dualismus seine Begründung finden. Eine ähnliche Interpretation für die im Vergleich zu den Sotternien stellenweise viel obszöneren Canterbury Tales gibt S. Knight: they are all religious... (157). Für denselben ethisch-ästhetischen Dualismus, wirksam noch zu Ende des 15. Jahrhunderts bei dem Brügger Meister von der Valerius-Maximus-Handschrift sehe man Renger Nr. 80: Die Tafel der Mäßigen und Unmäßigen.


§ 5. Bürger im eigenen Tanzhaus


In ganz unschuldigen Berichten ist es spürbar, wie man sich von dem traditionellen kommerziellen spielbetrieb (om winninghe!) distanziert: jonghelieden ... speelden up waghene goede solaselike speele omme de goede lieden te verblidene - 1413 Dendermonde (Vaderlandsch Museum V:5). Außer der wohl nicht zufällig wiederholten recreatio-Motivierung (solaselike, verblidene) ist in dem Adjektiv goede - gerade im Zusammenhang mit der wachsenden Stärke der Stadtbrüderschaften - der Abstand gegenüber dem nicht Eigenen im Repertoire und unter dem Publikum sichtbar; auch die Spieler sind keine Wanderer.

Die Tendenz zur Ersetzung des Wortes Spiel durch Tanz und den noch "unschuldigeren" Gesang (vgl. die Meistersinger, die ja nicht nur gesungen haben) wäre auch daraus zu erklären, sowie der Übergang von spelhuus zu danshuus.(31) Das letztere war von der Verfemtheit frei, wenn es auch manche Funktionen des ersteren vererbt hatte. Dabei kann auch die Bedeutungsdifferenzierung mitgespielt haben, wodurch z.B. speelhuys auch Spielwagen bedeuten konnte (huyskens & rolwagens, Bergen op Zoom 1490, Hermans 255). Die sexuelle Bedeutung von spel wirkte auch sicher mit. Es kann uns nicht verwundern, daß man um eine neue Namengebung für eigene, vorbildlich anständige Spiele und Freuden bemüht war. Die Vorstellung vom Theater als Freudenhaus hat ja auch der Humanist Badius von dem mittelalterlichen Enzyklopädisten Isidor übernommen (Herrmann 312): man sehe mal, was da in dem Gewölbe unter dem "Theater" vor sich geht, das Schildchen fornices ist zwar für den Leser bestimmt, gehört nicht zu der Wirklichkeit der Abbildung, doch ist es vielsprechend (ders. Nr. 31 und 41)! Diese Illustrationen zu dem Lyoner und dem Straßburger Terenz sind laut Herrmann von Badius konzipiert oder stark beeinflußt worden. Herrmann fand diese Darstellung eine architektonische Phantasie, entstanden als eine Kontamination des römischen Amphitheaters mit einem vermeintlichen niederländischen Schaugerüst sowie mit den gotischen Bogen. Neben der formalen, war auch eine funktionale Kontamination möglich: Theater (Klassik) + Freudenhaus (Isidor) + speelhuus/caberet (zeitgenössische Beobachtung oder eigene Erfahrung, vgl. das Vaderboec 140d: Soe voer hij int cabret [Weinhaus] daert bordeel was, Verdam III:1087).

Können wir von einer Flucht aus dem Spielhaus d.h. Freudenhaus ins bürgerliche Tanzhaus sprechen? Einen Zug der oben dargestellten Fröhlichkeitspflicht dürfen wir wohl bürgerlich nennen: die besondere Fürsorge für Frauen.

In dem frühen Unterhaltungswesen der Städte genießen Frauen den Status eines besonderen Adressaten: es wird anläßlich der städtischen Feste speziell für sie gespielt,(32) es wird ihnen Unterhaltung in Privathäusern geboten, wobei z.B. die Gattin eines Bürgers, in dessen Hause der Tanzabend stattfand, als Organisatorin auftrat (1425, Arnhem).(33) Der Bürgermeister bezahlt für die Frauen das Eintrittsgeld bei einem Schauspiel (1399 Arnhem).(34)

Wie eine anständige Frau in einem Freudenhaus undenkbar ist, so wurde auch das Spielhaus selber undenkbar, weil man dort anonym unbändig spielt(35) und nicht gemeinschaftlich und zum allgemeinen Profit die melancolye bekämpft.(36) Wenn man also hier bürgerlich sagt, darf das nicht als ohne weiteres profan verstanden werden. Die religiöse Motivierung dieser Entwicklung ist überdeutlich.(37)

Warum wurden die camerspeelders von 1478 zur Besserung aufgerufen? Weil sie dem Profanen gedient haben. Warum fühlten sich die Rederijkers besser? Weil sie eine Aufgabe im Dienst der Eschatologie hatten.


Anmerkungen

(1) Hummelen 1977. Bei Hunningher 1964 Ascenius und Joost van Baden. Nationaal Biografisch Woordenboek III:120 - Judocus Badius Ascensius aus Brabant, Drucker zu Paris. Die Stadt Assche liegt zwischen Brüssel und Aalst im brabantisch-flandrischen Grenzgebiet.

(2) Abgedruckt und besprochen bei Nicoll, The Development of the Theatre, poln. Übersetzung 1977:82 f. Ausführlicher dazu Herrmann 1914:300 ff., auf S. 304 die Gesamtdarstellung des Theaters.

(3) Hunningher 252. Früher sah man darin Beispiele frühitalienischer Experimente auf dem Gebiet des Theaterbaus, neuere Forschung neigt dazu, sie als bloße Buchillustrationen zu betrachten, vgl. eine Diskussion bei Groenewegen.

(4) Mitgeteilt von Herrmann aus: Jodocus Ascensius - P. Terentii... Comedie, Parrhisiis 1504, und von Hummelen 1977: [Itemque] qui historias regum principiumque in cameris pretio ludunt, ut nunc vulgo est in flandria et regionibus vicinis variis, personas accipiunt, ut unus actor seu lusor varias posset presentare [a6r].

(5) Eine systematische Untersuchung der mittelniederländischen theatrica-Terminologie, vielleicht im Rahmen eines internationalen Lexikons des Spielbetriebs im Mittelalter, wäre sehr nützlich.

(6) Ähnliches ist für Tielt 1541 bezeugt - Rederijkers aus Kortrijk spelende naer den noene een Spel van zinnen ende `t snavents een battement (De Vlaeminck 102); für Oudenaerde 1549 (Vander Straeten I:21), 1561, 1563 (ders. II:44), 1609 (Belgisch Museum VII:236). Man vergleiche auch Dordrecht 1364, s. unten, § 3 - solre.

(7) Vgl. mnl. cabaret, cameret sowie mndt. kameret: Trinkhaus, Spielhaus.

(8) Dendermonde 1407/8 - Item, also ghecostumeert es van oudts dat te vastenavond ende daer voren de jonghe liede van der Poort pleghen te speelne goede solacelike ghedichte spele omme de goede lieden van der poort te verblidenen, elc wyc bi hem selven ende so zy best connen omme den prys te hebbene (Van Puyvelde aus den Stadturkunden von Dendermonde, 924).

Dendermonde 1413 - jonghelieden... speelden up waghene goede solaselike speele omme de goede lieden te verblidene (Worp I:51 aus Vaderlandsch Museum V:5).

(9) Oudenaarde 1408, die Einladung zum Wettbewerb. Der französische Text davon hatte sans villonie.

(10) Gent 1497 (Vander Straeten I:61).

(11) Die Versuche, so etwas heute zu veranstalten, sind in Niederland seit 1986 bisher erfolglos, während es ja an spelders, spelregeerders und allerlei stichtingen nicht ermangelt, auch haben die heutigen Standardhäuser viel größere Bodenräume als je zuvor (s. u. § 3 - solre).

(12) ...camerspeelder om opder guldencamer [=gildencamer] syn spel gespelt te hebben voor een weke (Van Autenboer 85).

(13) Wer die Abele Spelen einigermaßen kennt, denkt direkt an Lanseloet van Denemerken, das bekanntlich von zwei Menschen gespielt werden kann, wo eine der Figuren mehrmals den horen steect und dessen Stoff bestimmte Analogien aufweist mit der Biographie des englischen Königs Eduard III. mit seiner besonderen Beziehung zu seiner Mutter etc. (vgl. M. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur).

(14) Dafür spricht die Tatsache, daß er persona verwendet, ein dem Mittelatein unbekanntes Wort.

(15) Der kleine Beitrag in der genannten Rechnung wird dann als Eintrittsgeld interpretiert.

(16) Von den Bedeutungen des mittelniederdeutschen gebone (Lübben) bietet Gebälk einen Anhaltspunkt für den Beispielsatz bei Verdam (s. v. geboene): eine Übertragung von Gebälk zu Balken. Das mnl. boene, von Verdam für entstellt erklärt, wird durch das mndt. boene, ndt. bune = u.a. Schlengenwerk am Ufer, vielleicht doch erklärt.

(17) Rense war vermutlich ein Brauer, der 1353-1371 mehrmals erwähnt wird, indem in der Einkünftenabteilung seine feste Steuer von 3 lb - de campo [camba?] - eingetragen wird.

(18) Antwerpen 1399, anläßlich der Aufführung der legende van sente Barberen: ...van een stagien diemen maecte voer der scepenen huys op hout en op wijnvaten daer men speelde de - (Prims 868); Antwerpen 1401 - welke stadie ghesteelt zeer breet op de merct op wijnvate daer boven sperren ende planken dat men op riden ende gaen mochte... (Prims 869).

(19) Scenicus - een speelder dye de Comedien op het schavot speelt (Dict. Tetr. 273 D). Ebenda: scenalis - van der hutten oft van tschavot.

(20) In Arnhem gab es um 1430 zwei Tanzhäuser: von Henrich van Krayenberch (dies kann aber die Schule sein) - Alberts V:27, 264, 268, 331, 332 - und von Henneken de Witte: V:184, 334. Ohne Namen: V:181, 182, 263, 268, 334, 336, 337. Zweimal hat die Residenz des Grafen als Tanzhaus gedient - Hoff van Moerse V:181, 263, IV:319. Zu Bürgerhäusern als Tanzgelegenheit s. § 5.

(21) Man bemerkte bisher nicht (z.B. Simon), daß in den Arnhem-Belegen keine Rede vom Spielen auf dem Markt ist gerade dort, wo Nytart (Neidhart) erwähnt wird.

(22) Her dircks hyus van Arnhem, IV:299.

(23) ...inden raethuus ende opter cameren (Alberts III:149), beispielsweise.

(24) Arnhem 1431: gegeven vier clerckskens die de schoel baven keerden, dattet heerscap op dansen mocht, V:268. Ebenda: Gheryt van Dorsten ende anderen tymerman alle die bencke inder scholen ynne te breken ende te maken daer men op satt doe men dansten.

(25) Brügge 1315 - Svridaghes vor half april von stro up thiselhuus ghestroit... Coppin den speleman myns here Lodewycy menestruel ende sinen koc in hoefscheiden xxx s. (Gilliodts 30).

(26) Brügge 1457 - Betaelt den viere menestrelen vander stede van haerlieder pensioene van eenen jare xxiiij lb gr. (Gilliodts 44) und später 1467, 1475, 1478, 1480.

(27) Eeclo, o.J. - De selve supplianten [Genter Rederijkers] zouden hemlieden daer voren ... verbinden dat zij zullen doen vertooghen acht waghenspele sjaers omme tvolc lude insetenen deser stede te verblydene... (Gailliard 414 s.v. Tafelspel, aus Nelemans` Geschiedenis der stad Eeclo, 1859:282).

(28) Vgl. die Erneuerung der Privilegien der beiden Gilden von Thielt durch Philipp 1429; die Dokumente waren angeblich 1381 verbrannt, waren also noch älter (De Vlaeminck in Vaderlandsch Museum 1863:25 Anm. 3).

(29) Dies gilt z.T. auch für die Motivierung der Spiele in der Stadt:1477 wurde im Zusammenhang mit dem Krieg des Kaisers Maximilian ein Wagenspiel veranstaltet, weil der Stadtrat von Brügge meinte, ein Schauspiel wäre das richtige Mittel, um das Volk zur freiwilligen Steuerzahlung zu bewegen (Die excellente Chronijke van Brabant Fo 198).

(30) Bei diesem Spiel ist vielleicht auch daran zu denken, daß der Herzog von Flandern, Wilhelm von Dampierre 1251 während eines Turniers zu Trazegnies ums Leben gekommen war.

(31) In den Gemma 203r - danshuys of speelhuys; vgl. dans in dem GB (u.a.) 8216 tripudium, w